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München, 1982 | 85 Seiten | vergriffen
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Abweichende Meinungen zum Falkland-KriegEin Lehrstück über Kriegsgründe, Kriegsausbruch, Abschreckung, demokratische Kriegsbegeisterung, die Freiheit und ihren Schutz durch die NATO
Abweichende Meinungen zum Falkland-Krieg...
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beteiligen sich nicht an der erbärmlichen Abwägung, ob dieser Krieg sich überhaupt lohnt oder nicht vielmehr zur Gattung der sinnlosen Kriege gehört - weil es in Regierungen und Redaktionsstuben schon genügend Befürworter lohnender und sinnvoller Kriege gibt;
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erachten die britische Berufung auf das Völkerrecht ebenso wie die argentinische auf die Historie für den Ausweis der Selbstgerechtigkeit einer Nation, die imperialistischen Erfolg anstrebt;
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halten die "Ehre der Nation" nicht für einen "verstaubten", sondern für überhaupt keinen "Wert" - weil souveräne Staaten unter diesem Titel alle ihre Interessen als ihr unveräußerliches Recht deklarieren, für dessen Durchsetzung sie von ihrer Gewalt rücksichtslos Gebrauch machen;
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nehmen die "Solidarität der NATO-Partner mit Großbritannien" so ernst, wie sie ist: als Klarstellung, daß der unbedingte Respekt vor den Rechtsansprüchen eines jeden dieser Staaten - auch wenn manche den Anlaß für geringfügig halten - allemal einen Krieg wert ist;
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finden keinen Trost darin, daß die BRD für den Krieg um die NATO-Prinzipien, für den sie ihre Militärmacht reserviert, niemals ein Land wie Argentinien zum Gegner hat, sondern nur einen "lohnenden" Feind kennen will - der "letztlich" auch hinter den Malvinas lauern soll...;
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weichen also in jeder Hinsicht ab von der Selbstgerechtigkeit des westdeutschen Bündnis-Nationalismus, der sich der "Sache der Freiheit" verpflichtet weiß und alle Partner darauf verpflichten will, damit sich die Freiheit weiterhin als bundesdeutsche Geschäftsgrundlage bewährt.
Inhaltsverzeichnis
- Was wollen die Briten auf den Malvinas?
- Was wollen die Argentinier auf den Falklands?
- Zur Logik des Konfliktverlaufs: Durch einen begrenzten Krieg zurück zum Frieden
- Krieg und Innenpolitik
- Zur propagandistischen Auswertung des Falkland-Krieges durch die bundesdeutsche Öffentlichkeit
- Falkland-Krieg und NATO-Strategie - Die Relativierung eines Krieges an dem Krieg
Vorwort
Von wegen "Schrecken des Krieges"! Nachdem nun schon einige Jahre die "Kriegsgefahr" als öffentliches Thema Nr. l gehandelt wird und manches Gemüt erhitzt hat, haben zwei NATO-Staaten Krieg geführt - und die "Betroffenheit" der demokratisch aufgeklärten Menschheit erschöpft sich in berechnender Kenntnisnahme. Neben wohlformulierten Bekundungen von Verständnis für die Prinzipien, deren Verletzung eben die Anwendung militärischer Gewalt unausweichlich macht, fanden zwar auch Worte des Tadels Eingang in die offizielle wie private Meinungsäußerung. Aber die Vorbehalte, die da zu vernehmen waren, galten nicht dem Krieg, sondern diesem Krieg.
So nicht, dort nicht, deswegen doch nicht — diese Sorte von bedingter Distanzierung erfreute sich der rührendsten Pflege, so daß die "Empörung" durchgängig in eine recht unbefangene Suche nach ,.guten" und "besseren Gründen" für einen Waffengang ausartete. Diese Gleichgültigkeit gegen die Gründe und Zwecke, denen sich das Gemetzel "dort unten" verdankt, steigerte sich zur angestrengten Suche nach dem Sinn wie dem Lohn — des Sterbens im Südatlantik. Als ginge es bei der Verteidigung der Nation, bei der Wiederherstellung verletzter nationaler Rechtstitel "eigentlich" um die Bedürfnisse derer, die "Volk" heißen, wurde der Falkland-Krieg ein ums andere Mal nach seinen Kosten hin besichtigt und, ganz menschenfreundlich, für nicht lohnend befunden.
Überhaupt hat keine einzige Ideologie unter diesem Krieg gelitten. Die Albernheit, daß Politik der Gewalt sich nur bediene, um Frieden zu schaffen und zu erhalten, wurde mit dem wahrlich ingeniösen Gedanken gerettet, daß die Diplomatie, die hohe Kunst der Übermittlung von Drohungen und Bedingungen, wohl "versagt" haben müsse und nach ihrem "Scheitern" die militärische Auseinandersetzung leider "unausweichlich" war. Nein - die Logik der "Abschreckung", die "uns" den Frieden bringt, wurde nicht wahrgemacht, sondern sie "funktionierte nicht". Nein, der Krieg ist keine Konsequenz politischer Entschlüsse und ihrer kalkulierten militärischen Umsetzung, sondern nach wie vor eine seinen Subjekten "aufgezwungene" Reaktion...
Eines freilich kam in der sachkundigen Einschätzung des Krieges tagtäglich zur Sprache: der Hinweis auf den Nutznießer der Schlacht, die zwei NATO-Staaten ihre Soldaten führen und ihr Volk bezahlen lassen. Er heißt Iwan und ist dafür verantwortlich, daß es sich beim Falkland-Krieg um einen "begrenzten Konflikt" handelt — um eine Angelegenheit, für die "unsere Verteidigungsbereitschaft" gar nicht gedacht ist. Als der Krieg, der alle Perspektiven der Friedenspolitik und -bewegung bestimmt, kann die argentinisch-britische Leichenproduktion deshalb auch nicht gelten — und zu kritisieren ist sie keineswegs als Zeugnis dafür, wie sich der Freiheit zugetane Politik der Gewalt bedient. "Kritik" ist so frei, vom Standpunkt der Verteidigungsbereitschaft zu "differenzieren" und jeden Toten wie jedes abgesoffene Kriegsschiff als "Schwächung des Bündnisses" zu bedauern...
Solchen "Lektionen", die seit dem Ausrücken der britischen Flotte demokratisch breitgetreten werden, wird in der vorliegenden Analyse widersprochen. Auf die Moral der Freiheit, welche die Gewalt auf ihrer Seite hat, kann sie dabei getrost verzichten.